20 Best Practices für Ihr IT-Change-Management

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Change-Management (Änderungsmanagement) spielt insbesondere im IT Service Management (ITSM) eine herausragende Rolle. Dieser Beitrag wartet mit 10 Best Practices aus ITIL® („Information Technology Infrastructure Library“; De-facto-Standard für das ITSM) und 10 darüber hinausgehenden Praktiken auf. Anhand dieser 20 Praktiken entsteht ein umfangreicher sowie prägnanter Überblick für elaboriertes Veränderungsmanagement – in der IT sowie in anderen Bereichen.

Warum Best Practices?

Best Practices (beste Praktiken; bewährte Verfahren) erweisen sich als äußerst nützlich, um Probleme zu lösen und effektiv zu arbeiten. Oft braucht es nur einige erprobte Vorgehensweisen, um sich in bestimmten Bereichen eklatant zu verbessern.

Wie sich ein Change-Management-Prozess einleiten lässt, sollten Unternehmen wissen, um nötige oder erstrebte Veränderungen zielführend gestalten zu können. Best Practices schaffen einen schärferen Fokus und stellen selbst für Experten wichtige Orientierungspunkte dar – basierend auf Erfahrungen, Frameworks und relevantem Wissen.

Hintergrund: Darum ist gutes Change-Management wichtig

Insbesondere Änderungen an kritischen IT-Systemen und -Services können schwerwiegende Unterbrechungen und Störungen verursachen, die Anwender empfindlich treffen. Das sollten Anbieter und Dienstleister tunlichst vermeiden.

Durch ein gut durchdachtes Change-Management schmälern sie diese Anfälligkeiten oder merzen sie gar gänzlich aus. So herrscht mehr Stabilität – oder zumindest ein geringeres Risiko –, wenn IT-Teams an einem System etwas ändern, hinzufügen oder entfernen.

Selbstverständlich erweist sich ein dezidiertes Change-Management auch in vielen anderen Bereichen als sinnvoll, dazu gehören die folgenden:

  • Einführung neuer Systeme und Softwares
  • Umsetzung neuer Prozesse
  • Prozessoptimierung
  • organisatorische Umstrukturierungen
  • Einführung neuer Projektmethoden
  • Anpassung von Geschäftsstrategien
  • Relaunches und Implementierung neuer Marketing-Kanäle
  • Implementierung neuer Kommunikationskanäle wie KI-Chatbots

Hier handelt es sich überwiegend um Bereiche, die für Unternehmen äußerst relevant sind und von kritischer Bedeutung sein können. Ebenso sind viele der dabei zusammenhängenden Prozesse äußerst fehleranfällig.

Es liegt also auf der Hand, dass im Change-Management die richtigen Methoden einen enormen Unterschied machen. Vielfach hängt der Erfolg davon ab, wie genau die Verantwortlichen die Änderungsprozesse in die Wege leiten, umsetzen und weiter verfolgen.

10 Best Practices im Change-Management nach ITIL

Die folgenden bewährten Verfahren nach dem Framework ITIL haben vor allem für das ITSM Relevanz und lassen sich auch für andere Bereiche adaptieren. Änderungen an IT-Services und -Infrastrukturen sollten systematisch und strukturiert erfolgen, um erfolgreich zu sein und negative Konsequenzen zu vermeiden.

Die hier genannten Praktiken bilden einen soliden Standard, lassen sich allerdings modifizieren, revidieren und erweitern. Dazu mehr im folgenden Abschnitt.

Praktik #1: Mit Change Requests (RFC) arbeiten

Um systematisch und übersichtlich vorzugehen, beginnt nach ITIL jede Veränderung mit einem Request for Change (RFC) – samt aller relevanten Informationen. Dazu gehören in der Regel der Nutzen, die Risiken sowie ein Implementierungs- und ein Rücksetzungsplan (Rollback).

Praktik #2: Change Advisory Board (CAB) einsetzen

Ein solches Gremium besteht aus mehreren Stakeholdern, die anstehende Veränderungen evaluieren, priorisieren und genehmigen. Für dringende Fälle lässt sich ein sogenanntes Emergency CAB (ECAB) etablieren.

Praktik #3: Anstehende Veränderungen kategorisieren

Anstehende Änderungen Kategorien zuzuordnen, schafft einen schnellen Überblick darüber, wie wichtig und dringend sie sind – dabei hilft die folgende Klassifizierung.

Standard Changes wurden vorab genehmigt, kehren oft wieder und tragen nur ein geringes Risiko. Dagegen bedürfen Normal Changes einer formalen Genehmigung. Emergency Changes wiederum sind möglichst schnell auszuführen, da sie in der Regel kritische Probleme beheben – eine beschleunigte Genehmigung kommt zum Einsatz.

Praktik #4: Klare Verantwortlichkeiten schaffen

Die üblichen Rollen sind die folgenden: Ein Change Manager überwacht den gesamten Prozess, ein Change Requester fordert die Änderung an und ein Change Implementer führt die Änderung durch. Unternehmen und Teams müssen sich nicht zwingend an diese Rollen halten. Wesentlich ist, dass klare Verantwortlichkeiten definiert sind, damit die entsprechenden Prozesse strukturiert und effektiv ablaufen.

Praktik #5: Risiken analysieren

Veränderungen sind immer mit Risiken verbunden – manchmal fallen diese kleiner und manchmal größer aus. Wer diese gründlich analysiert, ist auf der sicheren Seite. So könnte es negative Auswirkungen auf den laufenden Betrieb, auf Prozesse und Workflows sowie auf die Sicherheit und Compliance geben. Im Idealfall nehmen die Beteiligten diese Risiken von Beginn an wahr, antizipieren sie und mildern sie ab.

Praktik #6: Kommunikation pflegen

Wenn sich die Projektverantwortlichen regelmäßig mit Stakeholdern über Veränderungen austauschen, bringt das Änderungen voran und kann deren Akzeptanz enorm steigern. Zumeist reichen dafür bereits grundlegende Informationen zu geplanten Änderungen, einige Status-Updates oder ein kurzes Diskutieren möglicher Probleme aus.

Praktik #7: Test(s) durchführen

Changes möglichst schnell zu implementieren, hat seinen Reiz. Allerdings sollten sie – insbesondere bei kritischen Umgebungen und Prozessen – nicht ohne einen vorherigen Test erfolgen. Es empfiehlt sich, sie zunächst in einem sicheren Rahmen wie einer Testumgebung zu prüfen und einen detaillierten Implementierungsplan sowie einen Rücksetzungsplan zu erstellen.

Praktik #8: Audits durchführen und dokumentieren

Damit sie nachvollziehbar und analysierbar sind, sollte es zu Change-Management-Prozessen eine Dokumentation geben. Dies zählt auch im Hinblick auf die Compliance. Regelmäßige Audits überprüfen wiederum, wie effektiv Veränderungen sind und zeigen mögliche Verbesserungspotenziale auf.

Praktik #9: Nachbetrachtung (Review) einplanen

Aus den Augen, aus dem Sinn – das ist alles andere als ratsam. Denn mit der Implementierung einer Änderung ist das Change-Management nicht abgeschlossen. Vielmehr beginnt hier erst die entscheidende Phase: In der Post-Implementation Review (PIR) stellen Change Manager sicher, dass Änderungen erfolgreich sind, indem sie diese evaluieren und auf Fehler prüfen. Oftmals handelt es sich dabei um ein iteratives Vorgehen im Sinne einer Prozessoptimierung (Stichwort: PDCA-Zyklus).

Praktik #10: Kontinuierliche Verbesserung

Selbst bei der Nachbetrachtung ist noch nicht Schluss: Denn erfolgte Änderungen gehen in einen laufenden Prozess über, werden also zur Routine. Damit sie dauerhaft gut funktionieren, sollten Teams sie einer kontinuierlichen Verbesserung unterziehen.

10 Best Practices – losgelöst von ITIL

Wo ITIL eine hervorragende Grundlage für das IT-Change-Management bildet, hat es dennoch seine Grenzen. Das Framework ist nicht als ein Regelwerk zu behandeln, vielmehr handelt es sich um Empfehlungen.

Wer also das eigene Änderungsmanagement grundlegend verbessern, einen wahren Unterschied machen und sich von der Konkurrenz absetzen möchte, sollte über ITIL hinausgehen. So bildet es eine gute Möglichkeit, zusätzlich zum Framework weitere Best Practices zu definieren.

Diese könnten wie folgt lauten:

Praktik #1: ITIL nicht als verbindlich ansehen

Diese Praktik – sich von ITIL in Teilen zu lösen – bildet die Grundvoraussetzung, um alle hier folgenden Best Practices heranzuziehen. Kurz und knapp: Wer Änderungen vornimmt, ist gut beraten, sich an ITIL zu orientieren, aber nicht mehr als das. Wer das Framework gewinnbringend nutzen möchte, sollte genau diejenigen Punkte berücksichtigen, die sich für bestimmte Veränderungen als hilfreich erweisen. ITIL lässt sich somit als ein stabiles Fundament betrachten, auf das ITSM-Teams aufbauen können.

“Es mutet grotesk an: Doch eine gute Praktik kann es sein, gute Praktiken über den Haufen zu werfen und durch bessere passende zu ersetzen.”

Praktik #2: Ziele und Nutzen klar hervor stellen

Warum ist überhaupt eine Veränderung nötig? Darüber wissen viele Teams zu häufig nur rudimentär Bescheid. Stattdessen sollten die Hintergründe klar sein, wie zum Beispiel in folgendem Beispiel: Es soll ein granulares Berechtigungsmanagement für eine Software entstehen, weil bestimmte Kunden Probleme mit ihren Compliance-Vorgaben haben – und mit Abwanderung drohen.

Die Verantwortlichen müssen nun möglichst genau wissen, wo der Kern der Probleme liegt (Womit ist der Kunde am Ende zufrieden?) und daraus Ziele und einen Plan in mehreren Schritten ableiten. Der Nutzen für das Unternehmen läge darin, aktuell Kunden-Abwanderungen zu vermeiden – und zusätzlich Interessenten einen zusätzlichen Vorteil zu bieten.

Praktik #3: Tu Gutes und rede darüber

Um Änderungen erfolgreich zu vollbringen, leisten Teams mitunter enorme Aufwände. Ein Worst-Case-Szenario bildet es, wenn niemand von diesen Schritten Notiz nimmt. Relevante Changes sollten nicht nur klar und verständlich kommuniziert, sondern nach Möglichkeit auch Kommunikatoren eingeschaltet sein.

Innerhalb eines Unternehmens kann zum Beispiel ein Product Owner (PO) das erfolgte Change-Management in regelmäßigen Stakeholder-Calls kommunizieren – und in internen Newslettern über Änderungen und ihren Nutzen kommunizieren. Bei wichtigen Änderungen sollten das Marketing (und die PR) informiert sein, um die zur Verfügung stehenden Kommunikationskanäle angemessen zu bedienen.

Praktik #4: Change-Management simplifizieren

Ob sie nun in der ITSM oder anderswo anfallen, so sind Veränderungen immer mit – teils hohen – Aufwänden und oft auch mit Widerständen verbunden. Da hilft es wenig, wenn sie zudem noch schwierig auszuführen oder mit einer umfassenden und schwierig zu erstellenden Dokumentation verbunden sind.

Stattdessen müssen Änderungen den mit ihnen betrauten Teams möglichst leicht fallen. Anleitungen wie in einer Wissensdatenbank können die Prozesse deutlich vereinfachen. Zudem sollten Dokumentation möglichst intuitiv – zum Beispiel anhand einer festen Vorlage – zu erstellen sein.

Praktik #5: CAB-Modell überdenken – wenn nötig

Ein Change Advisory Board (CAB) ist ohne Frage ein guter Ansatz, aber in seiner klassischen Form nicht immer zielführend. Treten bei Releases und anderen Prozessen sowieso schon oft unvorhergesehene Schwierigkeiten auf, so kann ein CAB diese zusätzlich verlangsamen. Insbesondere versierte und erfahrene Teams sollten sich nicht zu viele Arbeitsschritte freigeben lassen müssen, sondern agil, schnell und flexibel handeln können.

Dies gelingt, indem Freigaben nur für riskante Änderungen zum Einsatz kommen (Checklisten, Automatisierungen und “Peer Reviews” bilden schnelle Alternativen), ein CAB Teams vor allem strategisch unterstützt und das Board in Echtzeit oder asynchron – ohne das ein Warten auf ein Meeting nötig ist – Input gibt.

Praktik #6: Individuelle Risikotoleranz heranziehen

Risiken zu analysieren, ist die eine Sache. Auf dieser Basis folgerichtige Entscheidungen zu treffen, kann ungleich schwerer sein. Diese hängen zumeist von der Frage ab, inwieweit ein Team oder das Unternehmen als Ganzes gewisse Risiken verkraften kann – und dazu bereit ist, sie einzugehen. Je höher die Risikotoleranz liegt, desto offensiver und freier können auch umfangreiche Änderungen erfolgen.

Praktik #7: Vorgehen datenbasiert anpassen

Kontinuierliche Verbesserungen und Optimierungen fanden hier bereits Erwähnung: Da Changes nur selten von Anfang an perfekt sind, empfehlen sich laufende Anpassungen und genügend Iterationen, bis sie das gewünschte Resultat erreicht haben. Im besten Fall gehen Teams dabei datenbasiert vor.

Das hat die folgenden Vorteile:

  • Die ab der Implementierung entstehenden Daten offenbaren Verbesserungspotenzial am deutlichsten und zuverlässigsten.
  • Mögliches User-Feedback lässt sich direkt einarbeiten.
  • Daten bilden eine wichtige Argumentationsgrundlage für (kritische) Entscheidungen.

Praktik #8: Automatisierungen in Erwägung ziehen

Es gibt durchaus einige Change-Prozesse, für die Automatisierungen Sinn ergeben. Vor allem Standard- und Routine-Änderungen eignen sich dafür. So können Teams mit der richtigen Software-Unterstützung effizienter zusammenarbeiten und merklich an Zeit und Mühe sparen.

Dabei empfiehlt es sich, nur Prozesse, die bereits optimiert und ausgereift sind, zu automatisieren. Alles andere birgt die Gefahr, Fehler und suboptimale Vorgänge zu replizieren. Ebenso bieten sich Automatisierungen nur für kleinere Änderungsprozesse an. Major Changes sollten aufgrund ihrer Wichtigkeit und Fehleranfälligkeit niemals automatisiert ablaufen.

Praktik #9: Erfolge feiern

Erfolge geschehen nicht zufällig und sie zu feiern, kann die Produktivität und die Motivation immens steigern. Zumeist sind starke Bemühungen (eines Teams) dafür notwendig – mitunter bei kleinteiligen Arbeiten, die nicht unbedingt zu den Wunsch-Aufgaben gehören. Da zählt es, auch Teilerfolge in einem gebührenden Rahmen zu würdigen und zu honorieren.

Das bedeutet nicht, dass Führungskräfte eine Feier nach der anderen ausrufen müssen. Allerdings sollten die am Change-Management beteiligten Mitarbeiter Wertschätzung und Anerkennung erfahren. Indem sie so ein besseres Gefühl haben und tendenziell motivierter sowie leistungsbereiter sind, wird das Vorhaben viel eher gelingen.

“Wer Erfolge angemessen feiert, schafft eine gute Basis für weitere – zum Teil noch größere – Erfolge.”

Praktik #10: Langfristig denken

Viele Change-Vorhaben scheitern daran, dass sie zu kurzfristig angelegt sind. Die langfristigen Folgen und der größere Kontext bleiben oft im Argen. Schließlich bildet es eine stattliche Herausforderung, diese zu erkennen, angemessen einzuschätzen und dauerhaft im Blick zu behalten.

Sind diese allerdings frühzeitig bekannt, können Teams mit Weitsicht agieren und die späteren Auswirkungen antizipieren. Schließlich bildet es den Idealfall, wenn möglichst viele Parameter bekannt und Veränderungen auf langfristige Effekte eingestellt sind. Dazu zählen sowohl das Change-Vorhaben selbst als auch dessen Kontext.

Fazit: Best Practices – Wegbereiter für gute Changes

Veränderung zum Besseren – das ist der Inbegriff der japanischen Kaizen-Methode zur Prozessoptimierung. Ganz klar: Geplante Veränderungen im ITSM und in anderen Bereichen sind auch zum Besseren ausgerichtet, selbst wenn sie schlicht Incidents vermeiden sollen.

Um eben dies zu erreichen, zählen die richtigen Praktiken und Methoden enorm: Best Practices können für Teams einen ungemeinen Wert haben, da sie Qualität in das Change-Management bringen und dasselbe nachhaltig optimieren können.

In jedem Fall bieten Best Practices mehr Orientierungswerte als feste Vorgaben. Wie Unternehmen, Teams oder einzelne Mitarbeiter vorgehen, ist fast immer eine individuelle Angelegenheit. Um aber die vielversprechendsten Verfahren zu identifizieren, bilden sie wertvolle Hilfestellungen.

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