18/03/2019 |

Silver Society – die jungen Alten

Ältere Arbeitnehmer werden oft
für weniger leistungsfähig, nicht
innovativ denkend und wenig
offen für Veränderungen gehalten.
Stimmt das oder müssen wir
unsere Einstellung ändern?

young and old men go upstairs

Die Welt wird alt! Überall. Menschen erreichen ein höheres Alter als jemals zuvor. Egal ob in den Industriestaaten, Schwellen- oder auch den allermeisten wenig entwickelten Ländern. Das Tempo ist zwar unterschiedlich, die Problematik jedoch universal. Durch die Zunahme älterer Bevölkerungsgruppen geraten viele Systeme unter Anpassungsdruck. Und bereits heute ist klar, dass die Effekte der Alterung in den kommenden Jahrzehnten immer mehr an Bedeutung zunehmen werden.

Dabei ist Fakt: Die ältere Generation wird nicht nur als Konsument immer wichtiger. Auch Unternehmen müssen über einen Wandel in der Mitarbeiterstruktur und -kultur nachdenken.

Gemäß Aussage befragter Experten besteht Sorge, dass die Generation ab 60 mit der heutigen dynamischen Entwicklung nicht mehr mitkommt, weniger leistungsfähig ist und nicht über innovatives Denken verfügt. Auch sollen ältere Menschen nicht offen für Veränderungen sein. Die rasante technologische Entwicklung und die immer größer werdende Komplexität gelten als weitere Schwierigkeiten.

Der Trend jedoch zeigt deutlich, dass immer mehr ältere Menschen in Zukunft keine Ruhe mehr im Ruhestand suchen, sondern weiterhin beruflich aktiv sein möchten. Denn länger arbeiten, kann dabei helfen, länger fit und aktiv zu sein.

Arbeiten, sozialer Kontakt und ein aktives Leben hilft der Erhaltung der Leistungsfähigkeit und fördert das Fitbleiben im Alter.

Und das ist gut so, denn eines steht in jedem Fall fest: Ältere Mitarbeiter haben Potenzial. Sicher anderer Art als Berufseinsteiger oder Kollegen im „Karriere-Höhenflug“, aber sie sind trotzdem wichtig. Natürlich.

Diese Gedanken bringen mich dazu, mir einige Fragen zu stellen:

  • Was müssen Unternehmen tun, um von ihren älteren Mitarbeitern zu profitieren?
  • Oder anders gefragt – wollen wir überhaupt „profitieren“ im herkömmlichen Sinn?
  • Was ist uns wichtig im Umgang mit unseren älteren Kollegen?
  • Muss ich mein Unternehmen so strukturieren, dass ich auch von Mitarbeitern über 60 den gewinnbringendsten Einsatz habe?
  • Oder ist der Wert dieser Menschen ganz anderer Natur, bzw. brauchen wir einen viel umfassenderen Blick, wenn wir uns mit diesem Thema beschäftigen?
  • Müssen wir uns FREI machen, von rein betriebswirtschaftlichem Denken? Ich glaube ja.

Deshalb: Die Basis für eine Neuausrichtung ist eindeutig kultureller Natur. Umdenken sozusagen.

Die Unternehmenskultur sollte altersfreundlich sein. Das bedeutet, ältere Mitarbeiter werden nicht als Last gesehen, sondern als wertvoll erachtet und geschätzt. Und das sind sie ja auch – wertvoll, denn ältere Kollegen können jüngeren Mitarbeitern wichtiges Wissen vermitteln und als Vorbilder fungieren.

Welche Problematik stellt sich denn eigentlich, wenn ältere Menschen und jüngere Arbeitnehmer aufeinandertreffen?

Vielfalt und Unterschied als kulturellen Normalzustand zu verinnerlichen. 

Das heißt, Akzeptanz und Gleichberechtigung von Menschen, die verschieden sind. Also haben wir im Grunde genommen die gleiche Herausforderung, wie bei allen Arten von Diversität, sei es Hautfarbe, Herkunft, Religion, politische Einstellung, sexuelle Orientierung oder Geschlecht.

Dieses Bewusstsein führt uns ganz klar zu der Tatsache, dass ältere Menschen vor dem Hintergrund von Produktivität und Effizienz eben nicht mit den „jungen Durchstartern“ verglichen werden können. Und auch nicht sollen.
Es geht nicht darum, ältere Menschen so zu integrieren, dass sie die gleichen Ziele erreichen, wie ein 25-jähriger Arbeitnehmer. Nein, es geht darum, ein Miteinander zu schaffen, Vorurteile abzubauen, falsche Erwartungshaltungen oder Vorstellungen vom „Nutzen“ eines Mitarbeiters beiseite zu legen und stattdessen über Individualität nachzudenken. Denn genau die ist nötig, wenn wir trotz Altersunterschieden miteinander, nebeneinander aber auch füreinander arbeiten und leben möchten.

Mitarbeiter leisten ihren Beitrag nicht nur durch das Erreichen von Umsatzzahlen in kürzester Zeit mit möglichst vielen Überstunden unter Einsatz modernster Technologie. Vielmehr ist es auch eine persönliche Bereicherung, die zählt. Die Menschen selbst sind der Beitrag. Mit all Ihrer Unterschiedlichkeit. Und das ganz besonders, wenn sie ihren Arbeitsplatz mit Freude aufsuchen.

Wir müssen in unseren Überlegungen berücksichtigen, dass sich im Gegensatz zu früher sehr vieles verändert hat.

Ältere Menschen heute leben einfach komplett anders. Und: Sie fühlen sich immer jünger. Erhebungen zeigen, dass das gefühlte Alter zwischen 10 und 20 Jahren unter dem biologischen liegt. Durch unsere medizinischen Fortschritte erreichen Menschen heute immer öfter ein hohes Alter bei kaum eingeschränkter Gesundheit. Die Folge ist die eben beschriebene veränderte Selbstwahrnehmung. In Konsequenz daraus entsteht der Wunsch nach einem aktiveren, selbstgesteuerten Leben. Die traditionelle Vorstellung einer Versorgung im Alter durch die Kinder ist deutlich seltener anzutreffen. Vielmehr wird es angestrebt, so lange wie möglich ohne Hilfe nicht nur auszukommen, sondern bewusst und gut zu leben.

Das alles zeigt, wie sehr sich Älterwerden verändert hat. Demzufolge sind die Menschen jenseits der 60, denen wir heut begegnen,  anders gesellschaftlich verflochten als früher. Allein diese Veränderungen tragen dazu bei, dass „Generationenkriege“ in Unternehmen seltener zu erwarten sind als befürchtet, denn Ältere haben heute eine ganz andere Mentalität, also „sind anders drauf“ und nutzen andere Potenziale, gesellschaftlich aktiv zu bleiben.

Sie haben sozusagen „Bock“. Sind neugierig und wissbegierig. Deshalb schulen Sie auch Ihre älteren Mitarbeiter im Umgang mit neuen Arbeitstechniken oder Technologie und etablieren Sie Systeme, die gezielt den Austausch zwischen jüngeren und älteren Kollegen fördert. Nicht zuletzt zum Transfer und Erhalt von Erfahrung.

Und trotz allem bedeutet eine solche Entwicklung niemals den Wegfall der Diversität. Deshalb bleibt es dabei: es geht um den Menschen als Individuum. Ältere Erwerbstätige verfügen natürlicherweise neben ihrer Qualifikation über Erfahrungswissen, soziale Kompetenz und nicht zuletzt Gelassenheit.

Die neue Alterskultur erfordert eine neue Unternehmenskultur. Dazu bedarf es schon heute einem Umdenken in den Managementebenen.

Das können große Vorteile innerhalb generationsübergreifender Teams sein, die sich zwangsläufig bilden werden.
Allerdings können die altersbedingten Diskrepanzen auch zu Missverständnissen führen. In diesen Teams muss also verstärkt darauf geachtet werden, Abgrenzung und Gruppenbildung zu vermeiden. Zum Beispiel mit Hilfe der bereits erwähnten entsprechenden Unternehmenskultur, diversitätssensiblem Management oder klaren Aufgabenverteilungen.
All diese Reflektionen zeigen uns eines ganz deutlich: Jeder Einzelne hat andere Motive, andere Ziele, andere Möglichkeiten und setzt unterschiedliche Prioritäten. So hofft ein Berufseinsteiger auf Karrieremöglichkeiten und ein älterer Mitarbeiter eher darauf, ein Teil von etwas sein zu können, an etwas mitzuwirken und nicht auf dem sprichwörtlichen Abstellgleis zu stehen.

Beide werden einem Unternehmen logischerweise ganz verschiedene Arbeitsergebnisse liefern. Aber wenn wir beiden die Freiheit geben, dies zu tun, also ihren Voraussetzungen entsprechend zu agieren, werden wir auch zwei wichtige und gute Ergebnisse erhalten. Eben weil sie den Umständen angepasst entstanden sind und nicht an unrealistische Erwartungen geknüpft wurden.

Wenn wir uns also lösen von althergebrachten Denkweisen, sowohl unternehmerisch, als auch ganz persönlich, werden wir sehr wahrscheinlich mehr erreichen können. Weil wir selbst freier sind und nicht nur Umsatzzahlen als Erfolg verbuchen, sondern auch eine funktionierende Unternehmenskultur. Ein Miteinander unterschiedlicher Menschen.

Es geht also wie so oft auch um unser persönliches Engagement. Ein jeder von uns kann wesentlich dazu beitragen, ältere Kollegen im Unternehmen zu integrieren. Der Arbeitgeber sollte das durch persönliche Gespräche, Aufklärungs- und Informationskampagnen unterstützen.

Bitte nie vergessen: Wir werden alle alt – wenn wir Glück haben.

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